Wallfahrt nach Rom

Internationale Wallfahrt nach Rom vom 30. Juni bis 2. Juli 2015

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Wir wissen, dass wir allen Grund zu Demut und Bescheidenheit haben. Und doch ist es auch etwas Großes, das wir mit Freude und Wertschätzung betrachten und feiern. Für den Hl. Kaspar war die Gemeinschaft immer ein Werk Gottes, das er wie seinen Augenstern hütete.

Das gilt nicht nur für die Gründungszeit, sie ist auch heute noch Werk Gottes, in ihr ist Gott am Werk. Das gilt es stets anzuerkennen, und jetzt aus gegebenem Anlass gebührend zu feiern. Weltweit und in unserer Provinz geschieht das. Davon will ich berichten.

Auf das Jubiläum hatten sich unsere Gemeinschaft und auch der Freundeskreis und die Weggemeinschaften vom Kostbaren Blut organisatorisch und geistlich vorbereitet. Die Jahre 2013 und 2014 standen unter dem Blickwinkel „zurück in die Geschichte und auf die Gegenwart“. Höhepunkt des Jubiläums sollte die internationale Wallfahrt nach Rom sein. Für die Tage vom 30. Juni bis 2. Juli 2015 gab es ein gemeinsames Programm. Fast ein Drittel der Mitglieder der Deutschen Provinz und nahezu fünfzig weitere Pilger, an verschiedenen Niederlassungen mit uns verbunden, hatten sich mit der Bahn oder als Flugreisende auf den Weg nach Rom gemacht, dazu ebenso große Gruppen aus Kroatien und Polen, Pilgergruppen aus Spanien und Portugal, aus den USA und Kanada, aus Peru, Kolumbien, Chile und Brasilien, eine starke Gruppe aus Tansania und viele andere mehr.

Der Dienstagvormittag, 30. Juni 2015, ließ uns Stätten in Rom besuchen, an denen Kaspar gelebt hatte: Seine Kindheit und Jugend am Palazzo Altieri, wo sein Vater Koch war, gegenüber der Jesus-Kirche, wo die Reliquien des Hl. Franz Xaver verehrt wurden, sein frühes missionarisches Engagement bei den Bauern, die ihr Vieh auf dem Forum Romanum hüteten oder Heu für den Winter verkauften, oder im Hospiz Santa Galla, wo er mit Freunden kranke und alte Menschen besuchte und unterstützte. Sein Hineinwachsen in die Spiritualität des Blutes Christi – diesen Namen gab er dann ja seiner Gemeinschaft, und das mit großer Entschiedenheit: in San Nicola in Carcere hielt er die Predigt zur Errichtung der Bruderschaft vom Kostbaren Blut. In den fast vier Jahren seiner Verbannung vertiefte er sich ganz konkret und am eigenen Leib erfahrbar in diese Spiritualität. Nachdem Kaspar sich in vielen Exerzitienkursen und Gemeindemissionen zwischen Neapel und Florenz und in der Sorge für die junge Gemeinschaft ganz und gar verausgabt hatte, starb er knapp 52-jährig in Rom, in einer Wohnung oberhalb des Marcellustheaters. Zuerst wurde Kaspar in der Kirche des Missionshauses in Albano Laziale bestattet, später kamen seine Reliquien in die Kirche Santa Maria in Trivio – nahe am Trevibrunnen. An seinem Sarkophag feierte unsere Pilgergruppe Eucharistie: mehr und mehr begriffen wir an diesem Tag, wie Großes und Herrliches Gott an Kaspar getan hatte: seine Begabung und seinen Eifer, das Evangelium den Menschen zu verkünden, seine Sorge für die Armen und an den Rand Gedrängten, seine große Liebe zu Jesus, unserem Erlöser, sein Vertrauen auf die Hilfe und Fürbitte der Gottesmutter und des Hl. Franz Xaver, seine Hingabe an den Dienst der Versöhnung, der reiche Früchte im Kirchenstaat trug.

Es passt dazu, dass die erste gemeinsame Feier der Pilger aus aller Welt in der St. Kaspar-Kirche in Rom als Feier der Versöhnung gestaltet war. Drei Mitbrüder berichteten in diesem Gottesdienst von ihrem Dienst der Versöhnung mit straffällig gewordenen Jugendlichen, von dem Friedensdienst in Situationen struktureller Sünde, wo Ungerechtigkeit und Korruption die alltägliche Lebenswirklichkeit sind. Zur Einladung, das Sakrament der Versöhnung zu empfangen, gesellte sich der Ritus der Kreuzverehrung, damit wir nicht vergessen, dass wir durch Jesu Kreuz erlöst sind. Da diese Feier deutlich länger dauerte als geplant, warteten die Busse schon auf uns – so blieb nur wenig Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen. Schade, besonders dann, wenn man Pilger aus anderen Ländern schon kannte, aus früheren Treffen der Gemeinschaft vom Kostbaren Blut.

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Geistlicher Höhepunkt war der Gottesdienst zum Kostbar-Blut-Fest am 1. Juli in der Lateranbasilika. Eine lange Reihe von Diakonen und Priestern, die beiden Bischöfe unserer Gemeinschaft – Joe Charron aus den USA und Erwin Kräutler aus Brasilien sowie ein weiterer uns befreundeter Bischof aus Tansania zog in die reichlich gefüllte Basilika ein. Doch nicht uns galt der Jubel der Gläubigen, sondern dem Hl. Kaspar: von den Seminaristen der italienischen Provinz wurde sein Sarkophag mit den Reliquien zu diesem festlichen Ereignis in die Kirche getragen und „von den bereits anwesenden Gläubigen unter tosendem Jubel und Applaus empfangen. Das war für mich ein starker emotionaler Moment wie auch eine tiefe geistliche Erfahrung einer starken Salbung des Heiligen Geistes, der den ganzen Raum erfüllte!“ schreibt unser Provinzial P. Andreas Hasenburger. Bischof Joe Charron stand dem Gottesdienst vor, Bischof Erwin Kräutler hielt die Festpredigt. Vom Blut Christi sprach er und seiner erlösenden und heilenden Kraft, die Kaspar mit 1000 Zungen verkünden wollte, und von seinem Leben, das uns ermutigen mag, dem Ruf Gottes zu folgen. Doch hören wir seine eigenen Worte:

„Und was ist die Botschaft des Blutes Christi? Wir denken ganz besonders an die Märtyrer unserer Zeit und bringen ihr vergossenes Blut mit dem Tod Jesu am Kreuz in Verbindung. Schwestern und Brüder werden getötet, weil sie Christinnen und Christen sind. Aufgrund ihres Glaubens an Jesus Christus werden sie ermordet. Oder sie werden umgebracht, weil sie die Würde ihrer Mitmenschen verteidigen, weil sie sich gegen die Angriffe eines perversen und tyrannischen Regimes für die Menschenrechte einsetzen und den Mut haben, energisch und prophetisch Ungerechtigkeit von Personen oder Organisationen anzuklagen, die Arme und ethnische Minderheiten aus der Gesellschaft ausschließen und wie Wegwerfartikel behandeln, weil sie nicht produzieren und konsumieren.“

Dann dachte Bischof Kräutler darüber nach, was uns der Heilige Kaspar wohl heute sagen würde: Dazu gibt er drei Hinweise. Der Heilige Kaspar würde von uns verlangen, dem Geist und den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils ohne Wenn und Aber zu folgen. Insbesondere würde er auf die Worte der Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute „Gaudium et Spes“ hinweisen: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände“ (GS 1).

Weiter würde der Heilige Kaspar uns sagen, dass der missionarische Geist unserer Gemeinschaft immer eine „Kenosis“ voraussetzt … Der Heilige Kaspar verlangt heute von seinen Missionaren ein Hinuntersteigen in die konkrete Realität der Mitmenschen, ohne Vorbehalte und Ängste.

Und als drittes: Der Heilige Kaspar würde seinen Missionaren empfehlen, zutiefst motiviert durch die Betrachtung des Leidens Christi und die Anbetung seines kostbaren Blutes aus sich heraus und an Ränder der Gesellschaft zu gehen …

„Evangelisierung setzt in der Kirche Parrhesia, Wagemut, Kühnheit, Furchtlosigkeit voraus, aus sich selbst herauszugehen. Sie ist aufgerufen, aus sich selbst herauszugehen und an die Ränder zu gehen. Nicht nur an die geografischen Ränder, sondern an die Grenzen der menschlichen Existenz: die des Mysteriums der Sünde, die des Schmerzes, die der Ungerechtigkeit, die der Ignoranz, die der fehlenden religiösen Praxis, die des Denkens, die jeglichen Elends“ – um mit den Worten von Papst Franziskus zu sprechen.

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Nach dem festlichen Gottesdienst nutzten viele Pilger noch die Gelegenheit, am Sarg des Hl. Kaspar in ihren Anliegen zu beten.

Zweifelsohne war dieser Gottesdienst in der Lateranbasilika der geistliche Höhepunkt unserer Romwallfahrt, und hoffentlich bleiben die Worte der Hl. Schrift und der Verkündigung von Bischof Erwin Kräutler noch lange in uns lebendig.

Doch fehlte noch ein wichtiges Element der weltweiten Feier: die Begegnung der verschiedenen Pilgergruppen. Dem wurde das Programm vom dritten Tag gerecht. Mit Bussen fuhren wir von Rom nach Albano, grad mal zwei Kilometer unterhalb von Castelgandolfo. Dort befindet sich ein vom Hl. Kaspar gegründetes Missionshaus, seit Kaspars Zeiten ein Ort der Ausbildung unserer Seminaristen, heute ein Ort, wo die jungen Männer erste Erfahrungen mit unserer Gemeinschaft und einem geistlichen Leben gewinnen, ein missionarisches Zentrum der italienischen Provinz. Dort befinden sich einige Reliquien des Hl. Kaspar – es ist die Kirche, in der er zuerst bestattet wurde – und auch ein kleines Museum unserer Gemeinschaft. Hier wurde die neue DVD über die Gemeinschaft der Missionare vom Kostbaren Blut vorgestellt (vorerst nur in Englisch, Italienisch und Spanisch), und hier hatten die verschiedenen Pilgergruppen die Möglichkeit, ein wenig von ihrem Leben in Verbindung mit den Missionaren darzustellen und zu berichten.

Kleine Präsentationen, Gesang, Musik und Tanz, oftmals in der traditionellen Landeskleidung, meist mit einer Einladung zum Mitmachen; und in diesem lockeren Programmverlauf gab es viele Gelegenheiten zu einem herzlichen Grüßgott, zu einer Nachfrage, wie es denn gemeinsamen Bekannten gehe, welche Aufgabe ein Mitbruder denn jetzt wahrnehme, was sich seit der letzten Begegnung an Wichtigem getan habe und wem man Grüße ausrichten lasse.

Es war ein Nachmittag voller Leben, voller Interessen, wie sich unsere Gemeinschaft und Laiengemeinschaft da und dort in der Welt entfaltet, eine bewegte Zeit, wenn Afrikaner oder Lateinamerikanerinnen auf einen zukamen und an der Hand zum Mitfeiern und Mittanzen einluden. Oftmals sprang der Funke der Freude über – ehrlicherweise muss man anerkennen, dass südliche Völker sich da leichter tun als wir und uns aus einer gewissen Erstarrung herausholen können. P. Barry Fischer und P. Emanuele Lupi (Vizegeneral) sowie einige Seminaristen der italienischen Provinz führten mit Geschick durch den gemeinsamen Nachmittag – wenn man so will, den gesellschaftlichen Höhepunkt unserer Rompilgerfahrt.




 
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